Link: | KACR | Strecke | Teilnehmer | Result | Urkunde |
Um 18:15 Uhr geht es von Düsseldorf nach London Heathrow. Ankunft um 18:40 Uhr (-1 Std.). Da ich sonst nichts vorhabe und ich es auch eh nicht mehr bis 20:00 Uhr zum Vorabend-Check-in nach Little Venice schaffen würde, spare ich mir die 25£ (ca. 31€) für den "Heathrow Express" und nehme stattdessen die Tube für umgerechnet 17€ nach Paddington (Elizabeth Line). Dann noch eine Station mit der Bakerloo Line bis nach Edgware Road und ich habe meine Schlafstatt für diese Nacht, das Hostel "PubLove @ The Green Man", erreicht.
Nach dem Einchecken gehe ich kurz ums Eck, kaufe noch ein paar Kleinigkeiten für morgen und genehmige mir dann das schon obligatorische Pre-Race-Meal, diesmal bei
Taco Bell.
4:45 Uhr aufstehen. Unten im Pub hole ich mir noch schnell einen Kaffee zum Mitnehmen, bevor ich mich mit meiner Laugenstange aus Düsseldorf auf den Weg zum 20 Minuten entfernten Start an der Delamere Terrace mache. Den Weg kenne ich gut, da der heutige Startort ja auch das Ziel vom GUCR von vor sieben Wochen war. Um 6:00 Uhr geht es los. Es sind vielleicht max. 20 Grad und es ist noch bewölkt, also ideale Bedingungen. Bis Meile 16,5 ist es die bekannte Strecke vom GUCR, nur in die andere Richtung. Dann geht es nicht weiter geradeaus, sondern es muss eine Fußgängerbrücke nach links über den Grand Union Canal überquert werden. Nun geht es an einem Seitenarm des GUC weiter, dem Slough Arm, der 8 Kilometer bis zur Londoner Vorstadt Slough führt. Dann endet der Slough Arm und es geht einmal quer durch die Stadt, bis nach 2 Kilometern der 11,6 Kilometer lange Jubilee River erreicht ist, der nun abgelaufen wird. Am 2. Checkpoint, nach 4:40 Stunden, ist der 1. Marathon geschafft. Das nennt man mal gemächlich und ist auch noch nicht viel im Verhältnis zur Gesamtstrecke. Deshalb halte ich mich nicht lange auf und zuckel schnell weiter. Im Moment bin ich schön im Flow. Ich fühle mich sehr gut. Nichts kann mich aufhalten. Einige Minuten später, ein breiter und flacher Schotterweg. Nichts liegt im Weg. Keine Felsen, keine Wurzeln, kein garnichts. Trotzdem stolpere ich aus unerfindlichen Gründen. Die nächsten 1-2 Sekunden verlaufen wie in Zeitlupe. Ich versuche, mit aller Kraft und meinem ganzem Willen, oben zu bleiben, denn mir ist klar, wenn das nicht klappt, könnte das ziemlich doof werden. Aber nach einem Marathon ist auch das rechte Bein schon ein wenig müde und der alte Stelzen schafft es nicht, den Körper zu stabilisieren. Ich klatsche hin. Scheiße! Kurzer Check. Ist etwas wesentliches passiert? Nein. Nur ein aufgeschrapptes Knie und zwei kleine Macken an der Hand, aber keine Verstauchung oder sowas. Also nichts Wesentliches. Das war dann wohl Glück im Unglück. Es geht weiter. Erst langsam und dann wieder etwas schneller. Nach dem Jubilee River geht es ab Kilometer 46 an der Themse weiter. Dieses Stück kenne ich auch schon ein wenig vom Thames Path 100 2019 (von Richmond/London nach Oxford) und von der Thames Challenge 2017 (von der Themsequelle bis nach London). Am 3. CP fragt man mich, ob das Knie versorgt werden soll. Ich winke ab, denn ich muss weiter. Bei Kilometer 84,4 in Reading mündet der Kennet & Avon Canal in die Themse. Dementsprechend verlässt man nun die Themse und es geht weiter entlag des Kennet & Avon Canal, dem Namsgeber dieses Laufes. Am 4. CP werde ich wieder gefragt, ob das Knie versorgt werden soll. Ich winke wieder ab, aber die netten Helfer meinen es gut und lassen nicht locker. Schwups sind sie da, mit Verbandszeug und Wasser und prötteln an meinem Knie herum. Naja, ein wenig säubern kann ja nicht schaden, denke ich. Dann wird es später einfacher, wenn man die Kiesel jetzt schon rauspult. Mit einem schön verbundenem Knie geht es 20 Minuten später weiter. Den Checkpoint 5, bei Meile 70 oder Kilometer 112, erreiche ich gegen 22:00 Uhr. 16 Stunden habe ich dafür gebraucht. Das ist nicht so dolle. Zudem wird es nun kalt und ab und an regnet es leicht. Man möchte eigentlich nicht wirklich weiter, aber man muss ja. Deshalb lieber nicht allzu lange aufhalten. 20 Kilometer weiter, 2,5 Kilometer vor dem nächsten CP, fängt es stärker an zu regnen. Nun hat meine Windjacke keine Chance mehr. Wohl oder übel muss ich meine Regenjacke rauskramen. Am Checkpoint 6 angelangt, ein richtiger Wolkenbruch. Da soll ich gleich raus? Zum ersten Mal krame ich meinen noch frisch verpackten 1€ Plastik Regenumhang heraus, den ich mir mal vor ein paar Jahren zugelegt habe für den Fall, der nie eintreten sollte. Das Teil ist wirklich nicht so schlecht und hält einen trocken, denn meine gummierte Regenjacke ist ja auch nicht hundertprozentig dicht. Nach einigen Kilometern lässt der Regen aber nach und ich bin froh. dass ich das Teil wieder zusammenknüddeln und wegpacken kann. Ab 4:30 Uhr wird es schon ganz langsam hell und die Lebensgeister kehren ein wenig zurück. Es ist weiterhin kalt und meine Performance hat weiter nachgelassen. Gegen 8:00 Uhr, ich sitze gerade am 7. Checkpoint bei Meile 99, sehe ich jemanden Pommes essen. Wo bekommt man jetzt Pommes her? Die brauche ich auch. Ein netter Helfer holt mir eine Portion als ich frage, wo es Pommes zu kaufen gibt. Lecker. Pommes gehören an diesem CP wohl zum Verpflegungsprogramm. Eine super Idee. Ansonsten geht es mir nicht so gut. Ich wechsel meine klatschnassen Socken und entsorge die löchrigen Dinger sogleich. Dann halte ich noch ein kleines Pläuschchen mit Nathan, dem Sieger aus Sao Tomé, der hier um die Ecke wohnt und hier am Checkpoint vermutlich nicht ganz zufällig herumhängt und mich am Bayern Trikot erkannt hat. Nach 30 Minuten geht es weiter. Hier habe ich viel Zeit vertrödelt und es ist noch so weit. Bei Kilometer 174, die Caen Hill Locks. 16 Schleusen, direkt hintereinander liegend. Ein touristisches Highlight, nicht nur für diesen Lauf, sondern auch ein Ausflugsziel für die Einheimischen, die bei nun wieder schönstem Sonnenschein reichlich unterwegs sind. Nach 187 Kilometern, der 8. Checkpoint. Es geht es mir komischerweise wieder recht gut. Ich konnte zuletzt einige Kollegen überholen und bin wieder guter Dinge, dass ich doch noch unter 40 Stunden bleiben kann. So halte ich mich nur höchstens 3 Minuten auf und es geht weiter zum vorletzten CP. Bei Kilometer 194 wird der Kennet & Avon Canal über eine Brücke über den River Avon geleitet, der unten durch das Tal fließt. Dies ist das Avoncliff Aqueduct. Eine 220 Jahre alte, sehr sehenswerte Konstruktion und ein weiterer touristischer Anziehungspunkt der Gegend. Bei Kilometer 207, in Bath, endet der Kennet & Avon Canal, d.h. er mündet in den River Avon. Dabei verpasse ich irgendwie den richtigen Abzweig und laufe dann, wie die spätere Analyse des Missgeschickes ergibt, vermutlich den River Avon flussaufwärts, statt -abwärts. In der Verwirrung schlage ich mich dann nach einiger Zeit per GPS und meinem Handy, quer durch die Stadt zum dem Checkpoint am Stadtrand durch. Das hat bestimmt eine Stunde gekostet. Total unnötig und die sub 40 Stunden kann ich nun endgültig vergessen. Ich verlasse den letzten Checkpoint vor dem Ziel. An einer Stelle bin ich mir unsicher, wo es hergehen muss. Ich verliere bestimmt 10 Minuten auf der Suche nach dem richtigen Weg. Ein nachfolgender Teilnehmer, der mit seinem Supporter zusammen läuft, kann deshalb aufschließen. Die sind sich auch unsicher wo denn der richtige Weg ist, aber gemeinsam finden wir dann den richtigen Abzweig. Es geht mir wirklich nicht mehr besonders gut. Neben den normalen Wehwehchen, habe ich in der linken Seite komische Lähmungserscheinungen, weswegen ich nur noch schwer, bzw. nicht mehr aufrecht gehen kann. Diese Lähmungserscheinungen werden immer stärker. Zeitweise habe ich Bedenken, ob ich es überhaupt noch die letzten 10-15 Kilometer ins Ziel schaffe, wenn es noch schlimmer wird. Ich froh, als ich etwas später auf zwei weitere Teilnehmer treffe, die in etwa genau so lahm sind und an die ich mich dranhängen kann. Mittlerweile ist die Stadtgrenze von Bristol erreicht und es ist mal wieder dunkel geworden. Die Lähmungserscheinungen werden immer stärker. Immer wenn ich mich kurz hinsetze und ausruhe, geht es wieder einigermaßen für 100-200 Meter, aber dann wird es bald wieder so übel, dass ich eine kurze Pause gebrauche. Die Zeit vom GUCR werde ich nicht mehr erreichen können und bald ist auch klar, dass ich erst nach 0:00 Uhr ankommen werde. Aber das ist mir mittlerweile alles egal. Ich bin froh, dass ich es überhaupt ins Ziel schaffen werde, mit den aktuellen Problemen. Gemeinsam mit meinem netten Leidenskollegen Nigel erreiche ich um 0:35 Uhr das Ziel. Nach dem Zieldurchlauf wird mir als Erstes die schöne Finisher Medaille umgehängt. Es ist geschafft. Nun kann ich erst einmal in aller Ruhe abhängen. Nach einem Bier im Kellerpub am Ziel, soviel Zeit muss sein, mache ich mich auf den Weg in mein ein paar hundert Meter entferntes Hostel. Nach ein paar kleinen Schwierigkeiten, da mein mir zugewiesenes Bett besetzt war, ist dann gegen 3 Uhr Feierabend. Um 7:06 Uhr fahre ich mit der Buslinie A1, dem "Airport Flyer", für 8£ in 30 Minuten zum Flughafen, wo ich mir als erstes mal ein fettes Frühstück, bzw. Post-Race-Meal genehmige. Abflug nach Frankfurt um 9:45 Uhr, Ankunft um 12:00 Uhr (+1 Std.). Weiterflug nach Münster/Osnabrück um 13:40 Uhr und Ankunft dort um 14:15 Uhr. |
|
|